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Bielefeldverschwörung

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Die Bielefeldverschwörung ist Bestandteil einer satirischen Verschwörungstheorie, die die Existenz der Stadt Bielefeld anzweifelt, um die in sich geschlossene unangreifbare Argumentationsstruktur von Verschwörungstheorien auf humorvolle Weise zu entlarven.

Diese Satire einer Verschwörungstheorie wurde erstmals 1994 im deutschsprachigen Usenet erwähnt, kursiert seither als Running Gag im Internet und wurde so Teil der Internet-Folklore, die zur Netzkultur gehört.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt und Kult

Die Anhänger dieser Verschwörungstheorie stellen die Existenz der Stadt Bielefeld in Frage. Sie gehen davon aus, dass alle Hinweise auf diese Stadt ein Teil einer groß angelegten Verschwörung sind, der Bielefeldverschwörung. Diese Verschwörung soll die Menschheit von der Existenz einer Stadt namens Bielefeld überzeugen. Die Anhänger dieser Verschwörungstheorie sprechen im Bezug auf die Urheber der Verschwörung grundsätzlich nur von IHNEN oder SIE. Einige vermuten als Urheber der Bielefeldverschwörung die CIA, den Mossad oder Außerirdische, die ihr Raumschiff als Universität getarnt haben, also die üblichen Verdächtigen. Um SIE nicht aufmerksam zu machen, werden statt Bielefeld oft die Termini B*e*e*e*d, B**l*f*ld, Blfd oder Bielefake verwendet oder es wird schlicht von dem B-Wort gesprochen. Auch spontanes Lachen bei Berichten in Nachrichtensendungen über Ereignisse in Bielefeld gehört zum dokumentierten Verhaltens-Repertoire der Anhänger der Theorie.

Ursprung

Die erste bekannte öffentliche Erwähnung der Bielefeldverschwörung stammt von dem deutschen Informatiker Achim Held und wurde am 16. Mai 1994 im Usenet in der Newsgroup de.talk.bizarre veröffentlicht.

Im Gegensatz zur Verschwörungstheorie selbst hat sich jedoch die Geschichte ihrer Entstehung nicht sehr stark verbreitet und es sind im Netz viele, zum Teil gegensätzliche, Gerüchte umgegangen, wie die Bielefeldverschwörung entstanden sein könnte.

Das ZDF hat zum zehnjährigen Geburtstag der Verschwörungstheorie ein Interview mit Achim Held geführt, in dem er angibt, dass die ganze Geschichte auf einer Studentenparty entstanden sei. Von einem Bekannten, der viele Esoterik-Magazine gelesen habe, und einem Anwesenden, der eingeworfen habe: „Bielefeld gibt es gar nicht“, sei die Idee geboren worden.

Die meisten der vermuteten und zum Teil schon als Urban Legend umgehenden Ursprungstheorien waren weniger banal:

  • Eine Theorie, die vor allem im Bereich der Universität des Saarlandes umging, war, dass der Ursprung der Behauptung Bielefeld existiert nicht aus den Anfangszeiten des Internets in Deutschland stammen sollte: Die Universität Bielefeld sei eine der ersten Universitäten in Deutschland gewesen, die Anschluss an das Internet hatte, d. h. netzinteressierte Bielefelder Studenten seien bereits im Internet unterwegs gewesen, während netzbegeisterte Studenten anderer Universitäten sich vorrangig in Mailboxnetzen wie dem FidoNet, dem Z-Netz oder dem MausNet herumgetrieben hätten. In diesen Netzen wären dementsprechend kaum Personen aus Bielefeld bekannt gewesen, was zur Aussage Bielefeld existiert nicht in Mailboxnetzen geführt haben soll, welche dann wiederum mit der Zeit auf Bielefeld existiert nicht reduziert worden sein und dadurch den Grundstein zur Bielefeldverschwörung gelegt haben soll. Diese These wird von Netzaktivisten aus FidoNet und Z-Netz bestritten.
  • Englischsprachige Quellen haben behauptet, ein Streit zwischen dem in Bielefeld ansässigen Betreiber des Z-Netzes, der Zerberus Gesellschaft für Kommunikation mbH (erloschen), und dem Usenet über inkompatible Kodierungen von Newsgroup-Postings solle der Ursprung der Behauptung Bielefeld existiert nicht gewesen sein, d. h. dieser Theorie nach sei die Behauptung im Usenet und nicht in den Mailboxnetzen entstanden. Diese Theorie konnte bislang nicht erhärtet werden.
  • Ein viel älterer Spruch, der vermutlich seinen Ursprung im Ruhrgebiet hat und lange vor dem Internet entstanden ist, lautet: „Und seh’n wir uns nicht in dieser Welt, so seh’n wir uns in Bielefeld“ (Das Original lautet eigentlich: „Und seh’n wir uns nicht in dieser Welt, so seh’n wir uns in Bitterfeld“).
  • Eine weitere Theorie besagt, dass der Streckenverlauf der Autobahn A2 die Vermutung der Nicht-Existenz Bielefelds ausgelöst hat. Die A2 passiert das Stadtgebiet von Bielefeld in ca. 10 km Distanz. Mehrere Zubringer-Schnellstrassen führen an Bielefeld heran. An den jeweiligen BAB-Abfahrten (z.B. „Bielefeld Zentrum“) ist von der Stadt Bielefeld, abgesehen von einigen neueren Gewerbegebieten, kaum etwas zu ahnen. Alternativ dazu kursiert die Geschichte, ein Usenet-Teilnehmer sei auf der A2 an Bielefeld während Bauarbeiten vorbeigefahren, weshalb der Name der Stadt auf der Ausfahrtsbeschilderung vorläufig durchgestrichen war.
  • Möglicherweise kommt als Ursache hinzu, dass Bielefeld in der Satirezeitschrift Titanic um 1980 mehrfach in der monatlichen Negativ-Hitliste „Die 7 peinlichsten Persönlichkeiten [sic!]" platziert war (unter anderem wegen seiner angeblich besonders kinderfreundlichen und autofeindlichen Ratsbeschlüsse, also eines speziellen „Gutmenschentums“).

Die Bielefeldverschwörung heute

Auch nach über 11 Jahren hält sich die Theorie der Bielefeldverschwörung hartnäckig im Netz, nicht nur im deutschsprachigen Raum. Im Gegensatz zu einigen Personen, die nicht verstehen, wie man das nach 11 Jahren noch witzig finden kann, haben viele andere immer noch Spaß an der Satire. Manche nehmen sie aber auch für bare Münze, wie Achim Held im ZDF-Interview berichtet.

Inzwischen gibt es selbst ein Theaterstück zum Thema, in dem ein Zug auf dem Weg nach Bielefeld unter mysteriösen Umständen liegen bleibt.

Bei Einladungsaktionen und Werbefilmen für die Studikon, die Studentenkonferenz der SMD (Studentenmission in Deutschland), die Ostern 2005 mit fast 1000 Teilnehmern in Bielefeld stattfand, wurde mehrmals auf die Bielefeldverschwörung angespielt („die Existenz dieser Stadt wird angezweifelt“), die Konferenz fand aber davon unbeirrt statt.

Selbst auf offiziellen Seiten und Karten, zum Beispiel des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen ist Bielefeld nachwievor nicht zu finden. Dies gibt der Verschwörung immer wieder neue Nahrung.

Die Stadt Bielefeld selbst steht der Bielefeldverschwörung mit gemischten Gefühlen gegenüber. „Wir nehmen das mit Humor“ wird Annika Hempelmann vom Presseamt Bielefeld zitiert. „Die Theorie hält sich hartnäckig. Seit Jahren seien immer wieder auch entsprechende Einträge im Gästebuch Bielefelder Internetseiten zu finden.“ Im ZDF-Bericht ist aber auch deutlich herauszulesen, dass die Bielefeldverschwörung die Stadt trotz alledem nervt: „Soll ich ehrlich sein? Ich hasse es wie die Pest!“ zitiert das ZDF Gisela Bockermann, Leiterin des Presseamtes Bielefeld, es nerve schon bei der täglichen Arbeit, insbesondere die „Euch-gibt's-doch-gar-nicht-Mails“, von denen die Absender meinen, es wäre auch nach 11 Jahren noch ein guter Witz.

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